Mittwoch, 7. Oktober 2009

Sammelleidenschaft

Direkt vor meiner Haustüre steht eine Kastanie. Sie ist hoch, sehr hoch. Ein mächtiger Baum mit einem dicken Stamm, den ich nicht mehr umfassen kann. Mein Vater hat ihn gepflanzt. Vor langer Zeit, als hier oben noch Kieswüste war. Mein Grossvater war kein Pflanzen- Liebhaber - hielt ihn für einen Verrückten. Wer braucht schon Bäume? Aber jetzt, wäre er wohl stolz. Wie es wäre, wenn er noch unter diesem Baum hätte sitzen können?
Im Frühling, wenn die zarten weissen Blütenkerzen dort die Bienen und Hummeln locken. Im Sommer, wenn man Schatten sucht und die Kleiber und der Specht sich am Stamm zu schaffen machen? Oder heute - der wärmste Herbsttag, den ich mir denken kann. Blauer Himmel und schon in der Früh knapp 20 Grad. Das Laub ist schon ganz braun gefärbt und viele Blätter segelten schon trocken raschelnd zu Boden.
Wie hätte es ihm wohl gefallen mit seinem Urenkerl hier zu hocken und die warme Sonne zu geniessen vor dem Winter? Ich habe ihn nie richtig kennen gelernt - damals war ich noch zu klein - ein paar Erinnerungen gibt es noch - aber mir fehlt zum Beispiel die Stimme vom Urgrossvater dazu.
Die Kastanien selber sind an diesem Baum schon alle herab gefallen und von fleissigen Händen aufgesammelt und gehütet wie Schätze. Braun, glatt und glänzend liegen sie in unseren Händen. Ich bin froh, das sie da ist, die Kastanie. Schattenspender und Blickfang. Angeblich sollen sie auch gegen Erdstrahlen helfen - einfach ein Säcklein unter die Matratze legen.

Dieser besagte Baum trägt besonders grosse Früchte. Viele Leute sind ganz erstaunt, wie gross Kastanien sein können. Die Aussenhülle ist sehr stachelig - auch hier gibt es Unterschiede. Ein Stückerl daneben steht noch ein Baum. Viel kleiner, gedrungener und auch die Früchte werden später reif und sind fast gar kein bisschen stachelig. Die Form ist auch ganz kugelig - richtig rund - im Gegensatz zur "normalen" Kastanie, die ja eher etwas platt ist. Ich weiss nicht wie ichs beschreiben soll.

Wir sammeln immer noch - es gibt noch jede Menge dort oben im kleinen Baum. Später im Winter werden wir sie an die Rehe und Schweine im Wildpark verfüttern. So geht alles seinen Weg - ein ewiger Kreislauf und der Baum gehört dazu. Hoffentlich steht er noch ganz, ganz lange. Und wenn nicht - in einem kleinen Topf wartet schon Nachwuchs:)

Posted by Picasa

2 Kommentare:

Ma Ri hat gesagt…

Sehr schoen geschrieben. Ich kann mir vorstellen, dass sich MM sehr ueber die Kastanien freut. Es ist auch eine schoene Erinnerung an deinen Vater weil du jedes Mal an ihn denkst wenn du darunter sitzt.

Wienermädel + Co hat gesagt…

Was für ein großes Glück, einen alten Kastanienbaum zu besitzen!
Das ist ein wahrer Kraftplatz.